Passus im Arbeitsvertrag
Überstunden mit Gehalt abgegolten: Was es mit der Klausel wirklich auf sich hat

Gefühlt jeder zweite Arbeitsvertrag enthält die Klausel: „Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten“. Eigentlich ist sie rechtswidrig – es gibt aber zwei Ausnahmen.

Vielen Arbeitnehmern erscheint die Klausel zur pauschalen Überstundenvergütung mit dem Gehalt als unfair. Sie müssen zwar Überstunden machen, werden dafür aber nicht entschädigt. Und in der Tat hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der Überstunden von dem vereinbarten Gehalt umfasst und nicht extra zu vergüten sind, unwirksam ist (BAG 01.09.2010 – 5 AZR 517/09).

Die Klausel „Überstunden mit Gehalt abgegolten“ benachteiligt die Arbeitnehmer

Begründet hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung damit, dass eine die pauschale Vergütung von Mehrarbeit regelnde Klausel nur dann klar und verständlich ist, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von ihr erfasst werden sollen. Andernfalls lässt sich nicht erkennen, ab wann ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung besteht. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. „auf ihn zukommt“, und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss. Diesen Anforderungen wird die eingangs zitierte Regelung nicht gerecht, sie ist für den Arbeitnehmer nicht klar und verständlich; der Arbeitnehmer weiß nicht, was auf ihn zukommt.

 Ausnahme: Besserverdiener und besondere Berufsgruppen

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt aber nicht für alle Arbeitnehmer. Ausgenommen sind Besserverdienern und Arbeitnehmer, die höherwertige Dienste verrichten.

Besserverdiener sind Arbeitnehmer, deren Gehalt die aktuell bei 76.200 Euro (West) bzw. 68.400 Euro (Ost) pro Jahr liegende jährliche Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet.

Dienste höherer Art sind Tätigkeiten, die ein überdurchschnittliches Maß an Fachkenntnissen, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher Bildung, eine hohe geistige Fantasie oder Flexibilität voraussetzen (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Architekten). Solche Arbeitnehmer müssen die Klausel zur Überstundenabgeltung hinnehmen und gehen leer aus.

So setzen Arbeitnehmer die Bezahlung der Überstunden durch

Wie sollte man nun vorgehen, wenn man nicht zu diesen Gruppen gehört? Entscheidend für die Vergütung der Überstunden ist, dass der Arbeitnehmer sich zügig darum kümmert. Arbeitsverträge enthalten regelmäßig Ausschlussfristen, wonach Ansprüche innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber dem Arbeitgeber (zunächst außergerichtlich) formgerecht geltend gemacht werden müssen. Es ist daher erforderlich, die Vergütungsansprüche zeitnah (z.B. mit Beginn des Folgemonats) gegenüber dem Arbeitgeber anzuzeigen; ansonsten droht der Verfall der Ansprüche. Weigert sich der Arbeitgeber dennoch, bleibt dem Arbeitnehmer nur der Weg zum Arbeitsgericht.

Dokumentation der Anordnung und der Ableistung der Überstunden

Im Klageverfahren ist der Arbeitnehmer wiederum in der Beweislast. Er muss darlegen und beweisen, dass die Überstunden tatsächlich vom Arbeitgeber angeordnet worden, und dass die Überstunden auch tatsächlich geleistet worden sind. Damit dem Arbeitnehmer der Beweis gelingt, sollte sich dieser

  • erstens die Überstundenanordnung vom Arbeitgeber schriftlich oder per E-Mail bestätigen und sich
  • zweitens auch die tatsächliche Ableistung der Überstunden durch Benennung des Gegenstands der Tätigkeit, des Datums und der entsprechenden Dauer vom Arbeitgeber quittieren lassen.

Schwierig wird es bei nicht angeordneten Überstunden

Hat der Arbeitgeber Überstunden nicht ausdrücklich angeordnet, sondern dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zugewiesen, der nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist, wird es mit der Durchsetzung der Ansprüche schwieriger. Denn der Arbeitnehmer muss nicht nur die angefallenen Überstunden entsprechend dokumentieren. Er muss darüber hinaus gegenüber dem Gericht schlüssig darlegen, dass einzelne, zur Erledigung der zugewiesenen Arbeiten geleisteten Überstunden nicht innerhalb einer flexibel gehandhabten Monatsarbeitszeit ausgeglichen werden konnten.

Es liegt auf der Hand, dass eine solche Beweisführung extrem schwierig ist und deswegen regelmäßig scheitert. In diesen Konstellationen sollten Arbeitnehmer deshalb umgehend das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und entweder eine Gehaltserhöhung oder eine Reduzierung des zukünftigen Umfangs der zugewiesenen Tätigkeiten verhandeln.