Erfolgreiche Vertretung bis zum Bundesarbeitsgericht: Mandant muss nicht 1.000.000 Euro an Ex-Arbeitgeberin zahlen

Mein Mandant wurde von seiner vormaligen Arbeitgeberin zusammen mit einem weiteren Arbeitnehmer zunächst beim Arbeitsgericht Berlin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 6.379.999 Euro verklagt. Die Arbeitgeberin hat ihre Ansprüche auf schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen, insbesondere Verstöße gegen Geheimhaltungspflichten sowie Hinweis- und Schadensabwendungspflichten, darüber hinaus auf deliktische Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sowie wegen eines zielgerichteten Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gestützt. Dabei soll mein Mandant durch die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen seiner nachfolgenden Arbeitgeberin aktiv geholfen haben, einen Kunden seiner vormaligen Arbeitgeberin abzuwerben. Durch den Auftragsverlust soll der vormaligen Arbeitgeberin der geltend gemachte Millionenbetrag als Schaden im Wege entgangenen Gewinns entgangen sein.

Die Abwehr des geltend gemachten Schadensersatzes wurden neben mehreren weiteren Gründen auch auf § 61 Abs. 2 HGB gestützt. Diese nicht ohne weiteres bekannte Norm sieht eine kurze Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vor in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber Konkurrenz macht und dem Arbeitgeber dadurch ein Schaden entsteht. Im gegenständlichen Fall hatte die vormalige Arbeitgeberin aufgrund forensischer Ermittlungen bereits Ende März 2014 über ausreichende Kenntnisse verfügt, um den im Raum stehenden Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Sie hat über ihre Anwälte jedoch erst im Februar 2015 die Klage eingereicht. Offenbar war man sich der Vorschrift des § 61 Abs. 2 HGB nicht bewusst, sondern hatte nur die regelmäßige 3jährige Verjährungsfrist auf dem Schirm. Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage u.a. wegen § 61 Abs. 2 HGB abgewiesen. Die Gegenseite ging in Berufung und reduzierte die Klageforderung auf „nur“ noch eine Million Euro. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte das erstinstanzliche Urteil, ließ jedoch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte wiederum das Urteil des Landesarbeitsgerichts. Die ausführliche Urteilsbegründung kann hier nachgelesen werden.

Ein außerordentlich komplexer aber schöner Fall. Es bedarf nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, welche Zukunftsängste mein Mandant vor dem Hintergrund der existenzgefährdenden Forderung durchleiden musste. Und zwar über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren – über diesen Zeitraum erstreckte sich das gesamte Verfahren. Meinen Mandanten von diesen existenziellen Sorgen befreit zu haben, war mir eine große Freude. Juristisch war der Fall auch toll, weil er letztlich mit einer wenig bekannten Norm gewonnen werden konnte (auch wenn die Sache acht Leitz-Ordner füllt).